In der Pressemitteilung vom 13.4.2023 berichtet das BMUV* von dem „Reinfelder Teichprojekt“, wie es lokal genannt wird. Das neue Projekt im Bundesprogramm „Biologische Vielfalt“ zeigt schonende und nachhaltige Methoden zur Wiederherstellung von belasteten Gewässern.
Im Projekt „Verbesserung der Ökosystemleistungen in den Reinfelder Teichen (kurz: VerTe)“ sollen die Ursachen der Verschlammung der Gewässer gefunden und bekämpft werden. Dies durch das Fördern der Unterwasservegetation und das Reduzieren des Algenwachstums sowie der Nährstoffeinträge. Davon soll das gesamte Einzugsgebiet der Gewässer Heilsau inklusive der Trave profitieren.
*Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das BMUV fördern das Vorhaben mit rund 1,65 Millionen Euro.
Die Stadt Reinfeld setzt „VerTe“ gemeinsam mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) und der Technischen Hochschule Lübeck (THL) um. Forschungs-Projektleiterin ist HAW-Mitarbeiterin (Link) und NABU-Reinfeld (Link) Vorstandsvorsitzende Ivonne Stresius. Dadurch befindet sie sich in einer Doppelrolle (Stand: 15.4.2023).
Bemerkung einer Herrenteich-Anwohnerin (die nicht namentlich genannt werden möchte): „Das Forschungsteam hat unter anderem auch die anliegenden Landwirtschaftsbetriebe von ihrem Vorhaben informiert (davon wurde auf öffentlichen Sitzungen berichtet) und die Landwirte gebeten, das Forschungsteam zu benachrichtigen, wenn sie Gülle ausfahren – damit beteiligte Studenten dann Wasserproben nehmen können. Wir Anwohner haben nunmehr festgestellt, dass es im 1. Quartal 2023, anders als alle Jahre davor, offensichtlich (das ist kilometerweit zu riechen) keine Gülle nahe des Herrenteichs ausgefahren wurde. Wie viel Wahrheitsgehalt werden entsprechend die Untersuchungs-Ergebnisse haben?“
Was in den letzten Jahren auf der Wasseroberfläche zu sehen war? Siehe Fotos > Link zum Google-Foto-Ordner – wer klickt, wird dorthin weitergeleitet und ist mit der Datenschutzerklärung einverstanden.
Neben dem Forschungsprojekt soll mit den Fördermitteln u.a. auch der NABU-Lehrpfad um den Herrenteich erneuert, sowie eine Forscherstation in der Badeanstalt, ähnlich einer „Draußenschule“ für Kinder, eingerichtet werden.
So eine Forscherstation gab es schon einmal: 2016 und 2017.
Ins Leben gerufen und im kleinen Rahmen unentgeltlich / probono betrieben hatte es damals der sii-kids & -talents e.V. (siehe Blogbeiträge dazu auf der Website). Gefördert worden war das „Forscherlabor für Kinder“ 2016 mit Mitteln von der Buhck-Stiftung sowie der Raiffeisenbank Südstormarn-Mölln. Doch Aufgrund von zu wenig Interesse seitens der Schulen im Umland, sowie aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln für Personal, wurde das Forscherlabor im 2. Sommer (2017) wieder eingestellt.
Vereinsvorsitzende Susanne Braun-Speck, deren BNE-Projekte bereits 3 Nachhaltigkeits-Preise bekommen haben, hat ihre Mitarbeit im VerTe Projekt angeboten.
Die Stadt Reinfeld und ihre „Teiche“, welche teilweise Stauseen sind.
Reinfeld (Holstein) ist von den Resten einer Teichanlage geprägt, die Mönche im 12. Jahrhundert zu Kaiser Barbarossas Zeiten angelegt hatten. Mehr als 850 Jahre vor unserer digital geprägten Zeit hatten sie in Reinfeld und den anliegenden Dörfern, die in der Heilsau-Niederung lagen, circa 60 Teiche zur Fischzucht und ihr Kloster Reinfeld / St. Maria angelegt. Dazu bauten sie einen Damm (dort, wo heute die Promenade ist) und stauten das Wasser der Heilsau zum Herrenteich auf; das Land dahinter wurde trockengelegt und darauf erst das Kloster, später das Schloss gebaut – heute ist dort die „Alte Schule“ (siehe Google-Karte).
Dies waren damals Zisterzienser aus dem Mutter-Kloster Loccum (Niedersachsen) gewesen, die im Mittelalter federführend an den Hexenverfolgungen beteiligt waren. 1593 erfolgte der Übergang des Klosters zur Reformation; das gewalttätige Mittelalter und die strengen Klosterregeln fanden erst 1735 ihr Ende. Im Dezember 2015 wurde im Mutterkloster Loccum ein Gedenkstein für die Opfer der Hexenprozesse enthüllt (Quelle).
Über die ehemalige Teichanlage der Zisterzienser reden heutzutage viele Menschen; die gewalttätige Geschichte wird dagegen weggelassen …
Die Gewässeranlage in Reinfeld besteht heute aus fünf „Teichen“, wovon der aufgestaute Herrenteich sowie der aufgestaute Messingsschlägerteich vom Land Schleswig-Holstein als Seen geführt werden (Quelle, Recherche-Auswahl „Landesliste Seen“, abgerufen am 14.4.2023).
Der Herrenteich ist mit einer Fläche von über 50 Hektar der größte der „Teiche“ und sogar ein Landeseigener See sowie ein EU-Badegewässer (siehe blaues Infofeld auf der Karte). Das ist genauso amtlich, wie dass der obere Herrenteich ein Naturschutzgebiet ist!
Weiterhin sind auf einer zweiten Karte (aus dem Datenbestand „Seen der Seedatenbank“) Zuläufe wie Bäche zu sehen; dies mit blauen Punkten versehen, welche Rohrdurchlässe, Schächte, Brücken, etc. belegen. Demnach dürften Einträge nicht nur über den Bach „Heilsau“, sondern auch über den Bach „Pasebek“ sowie den „Tannenbach“ in den Herrenteich gelangen.
Weitere Infos vom BMVU mit konkreten Zielen:
Einträge von Nährstoffen aus dem 75 Quadratkilometer großem Einzugsgebiet des Baches Heilsau, der die Teiche bewässert, führen zunehmend zu einer Verschlammung der Teiche. Die Verlandung hat negative Auswirkungen sowohl auf die Ökosystemleistungen des Gewässersystems, als auch auf die Fischzucht.
Die bloße Schlammräumung ist kostenintensiv und daher lediglich an einigen potenziell kritischen Stellen wie den Einläufen der Bäche und Ausläufen der Teiche geplant. Im Projekt „VerTe“ sollen vielmehr die Ursachen der Verschlammung angegangen werden, um den ökologischen Zustand und die damit zusammenhängenden Ökosystemleistungen langfristig zu verbessern. Ziele:
- Reduktion der Schlammbelastung
- Verbesserung des ökologischen Zustands durch Verringerung des Nährstoffeintrages und des Algenwachstums und der Förderung der Unterwasservegetation
- Bewusstseinsbildung der regionalen Bevölkerung, die an den Reinfelder Teichen den Wert der biologischen Vielfalt kennenlernen und über die Zusammenhänge zwischen Schutz der Biodiversität und naturverträglicher Nutzung informiert werden sollen
- Einbindung von Interessensvertretern und -vertreterinnen in Entscheidungsfindung und Maßnahmenplanung
Mit einem umfassenden chemisch-physikalischen wie auch einem biologischen Monitoring sollen der Istzustand der Teiche und der Lebensgemeinschaften erfasst und die Einträge und Eintragspfade von Belastungen der Teiche identifiziert werden.
Verschiedene Methoden zur biologischen Gewässersanierung sollen in der Versuchskläranlage in Reinfeld untersucht werden. Anhand dieser Informationen wird ein Maßnahmenkonzept entwickelt. Kurz- und mittelfristig realisierbare Maßnahmen werden bereits während der Projektlaufzeit umgesetzt. Der Projektansatz zur Sanierung und Verbesserung der Ökosystemleistungen ist auf andere Teichsysteme übertragbar. Mit „VerTe“ soll ein entsprechender Austausch angestoßen werden.
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